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nVidia NV38 Spezifikationen

30. Juli 2003 / von Leonidas / Seite 1 von 1


Letzte Woche wurde unvermittelt ein neuer nVidia-Grafikchip zur Diskussion in die Runde geworden - der NV38. Die ersten Informationen zu diesem Chip kamen aus einem Thread aus dem nV News Forum und wurden später von der sich hauptsächlich mit Spekulationen und Gerüchten zu neuen Grafikchips beschäftigenden Seite NFI bestätigt. Die Personen, welche für die Postings im vorgenannten nV News Forum verantwortlich zeichnen, sind zudem allesamt bekannte "Insider", so daß man die nachfolgenden Informationen durchaus als sehr wahrscheinlich zutreffend ansehen kann. Folgendes wurde also zum NV38 in die Runde geworfen:

  • basiert direkt auf dem NV35 (GeForceFX 5900 /Ultra)
  • wahrscheinlich nur geringfügige Fixes oder/und Verbesserungen gegenüber dem NV35
  • Verkaufsname möglicherweise GeForceFX 6000 oder GeForceFX 6900
  • Ultra und non Ultra Version geplant
  • Chiptakt Ultra-Version: 500 bis 550 MHz
  • Speichertakt Ultra Version: 500 MHz (physikalische 500 MHz)
  • Vorstellung im September 2003

Das interessanteste an diesen Informationen ist dabei wahrscheinlich, daß nVidia noch vor dem eigentlich für den Winter (und zur Vorstellung noch im Herbst!) geplanten NV40-Chip noch einen weiteren HighEnd-Chip herausbringen will. Daß diesen NV38-Chip zudem keiner vorher gekannt hat, spielt hier auch mit in die möglichen Erklärungen für dieses Paradoxon mit hinein. Denn die Informationen aus dem nV News Forum sind nun wirklich die allerersten zum NV38-Chip - doch wann gab es das schon einmal, daß ein HighEnd-Chip der beiden großen Grafikchip-Entwickler nicht schon Monate vorher zumindestens vom Namen her bekannt war?!

Es sieht ganz danach aus, als wäre der NV38-Chip ein relativer Schnellschuß von nVidia, was uns dann gleich wieder zur nächsten Frage weiterführt, was denn nVidia zu dieser Hauruck-Aktion veranlaßte. Dazu gibt es zwei spekulative Thesen, welche womöglich sogar gleichzeitig zutreffen:

 

Laut These No.1 weiss nVidia schon jetzt, daß der für eine Vorstellung zum Comdex im November und Auslieferung zum Jahreswechsel geplante HighEnd-Chip NV40 nicht rechtzeitig den Markt erreichen wird. Dies begründet sich schon allein daraus, daß ein NV38-Chip, welcher nur von Oktober bis zur planmäßigen Auslieferung des NV40 im Dezember/Januar an der Leistungsspitze wäre, als sehr unökonomisch erscheint.

Sobald der NV40 erscheint, wird der NV38 zwangsläufig mittelfristig auslaufen - und wenigstens 6 Monate sollte ein Grafikchip schon die erste Geige im Verkauf spielen, ansonsten lohnt sich der Entwicklungs- und Validierungs-Aufwand nicht wirklich. Demzufolge müsste eigentlich nVidia angesichts der NV38-Planungen schon jetzt damit rechnen, daß der NV40 nicht im Dezember/Januar kaufbar ist, sondern erst im Frühling 2004. Erst dann würde sich der NV38 als zwischengeschobener HighEnd-Chip wirklich lohnen.

Doch gemäß These No.2 könnte der NV38 auch eine rein politische Entscheidung seitens nVidia völlig unabhängig von ökonomischen Überlegungen sein. Denn auch nVidia weiss, daß ATi seinen R360-Chip nur deswegen entwickelt, um nVidia den hauchdünnen Vorsprung im HighEnd-Segment wieder abzunehmen, getreu dem Motto aller Grafikchip-Entwickler: "Steht Dein HighEnd-Chip auf Platz 1, kaufen die Leute wie verrückt Deine Mainstream-Chips." - weil psychologisch der Erfolg des HighEnd-Chips natürlich auf die Mainstream-Chips übertragen wird.

Doch was ATi recht ist, könnte nVidia nun genauso billig sein, sprich: Wenn ATi den R360 nur herausbringt, um mit etwas hochgeschraubten Taktfrequenzen nVidia wieder von der Leistungsspitze zu verjagen, kann nVidia schließlich doch genau dasselbe tun und ATi von eben dieser mit genauso nur etwas hochgeschraubten Taktraten wieder verscheuchen. Wenn der NV40 dann rechtzeitig zum Jahreswechsel kaufbar werden würde, wäre dies zwar auf den ersten Blick unökonomisch, aber so hätte man ATi keine Chance gegeben, wieder einmal die absolute Leistungsspitze übernehmen zu können - was wie gesagt psychologisch und auch Marketing-technisch ein enormer Faustpfand ist.

 

Egal, welche Erklärung für die Entscheidung zur Produktion des NV38 nun zutrifft, zumindestens wird nVidia mit diesem dem geplanten ATi R360 im Herbst-Geschäft das Leben schwerzumachen versuchen, womit der diesjährige Herbst unerwarteterweise zur heißen Zweikampf-Phase zwischen ATi und nVidia wird. Die Vorzeichen stehen dabei etwas zugunsten von nVidia, denn wahrscheinlich kann nVidia aus seinen Chips einen höheren Taktraten-Sprung herausholen als ATi aus den ihrigen:


  ATi
Radeon 9800 Pro
ATi
R360 (Pro)
nVidia
GeForceFX 5900 Ultra
nVidia
NV38 (Ultra)
Codename R350 R360 NV35 NV38
Transistoren (Mill.) 110 110-115 130 130-135
Fertigung 150nm bei TSMC 150nm bei TSMC 130nm bei TSMC 130nm bei ?
DirectX-Klasse 9.0 9.0 9.0+ 9.0+
Rendering-Pipelines 8 8 4 4
Texturen-Einheiten (je) 1 1 2 2
Speicherinterface (Bit) 256 256 256 256
Chiptakt (MHz) 380 ca. 400-430
(Schätzung)
450 500-550
Füllrate (GTexel/sec) 3,04 3,2-3,44 3,6 4,0-4,4
Speichertakt (MHz) 128MB: 340
256MB: 350
? 425 500
Speicherbandbreite (GB/sec) 128MB: 20,2
256MB: 20,9
? 25,3 29,8
Release Frühling 2003 Herbst 2003 Sommer 2003 Herbst 2003


Normalerweise sind Grafikchips nicht so einfach nur an ihren Grund-Spezifikationen zu vergleichen, da aber die beiden Neulinge R360 und NV38 jeweils direkt auf bekannten Architekturen basieren, läßt sich das in diesem Fall durchaus einmal mit passablen Ergebnis machen. Nur wissen wir allerdings nicht, um wieviel ATi den Speichertakt der Grafikkarten auf R360-Basis gegenüber der Radeon 9800 Pro hochzusetzen gedenkt, so daß wir nur eine Seite der Rechnung kennen, jenes des Chiptaktes.

Doch diesbezüglich kann nVidia mit dem NV38 (11 bis 22 Prozent mehr Chiptakt als NV35) wohl besser als ATi mit dem R360 (5 bis 13 Prozent mehr Chiptakt als R350 gemäß unserer Schätzung) punkten. Sicherlich ist der R360-Chiptakt von 400 bis 430 MHz nur eine Schätzung unsererseits, doch wenn man sich die Overclocking-Ergebnisse von Radeon 9800 Pro Grafikkarten ansieht, dann ist alles über 420 MHz eine exzellente Leistung.

Und da der R360-Chip weiterhin wie schon der R350 in 150nm bei TSMC hergestellt werden wird und ATi zudem auf keinen Fall bis zum letzten Megahertz gehen kann, um die Stabilität seines Produkts auch unter schwierigen Bedingungen (beispielsweise der Sommer-Hitze) gewährleisten zu können, deutet alles eher darauf hin, daß ATi beim R360 einen Chiptakt von nur knapp über 400 MHz erreichen kann. Daß man mit einem 150nm Herstellungsprozeß bei einem 110-Millionen-Transistoren-Chip überhaupt so weit kommt, hätte man vor einem Jahr sowieso noch für komplett unmöglich gehalten :-).

Natürlich ist damit nVidia nicht automatisch vorn, denn erst einmal muß man den Chiptakt von 500 bis 550 MHz für den NV38-Chip auch wirklich realisieren. Jene Taktfrequenzen hören sich zudem auch eher nur nach einer Planungs-Vorgaben als denn nach real erreichten Taktfrequenzen an, womit es gut möglich ist, daß die entgültigen Taktfrequenzen des NV38 auch nur am unteren Ende dieser Planung rangieren. Bei einem Duel R360 @ 430 MHz (oberes Ende unserer Schätzung) gegen NV38 @ 500 MHz (unteres Ende der Planung) wäre dann wahrscheinlich wieder der ATi-Chip im Vorteil, sofern auch der Speichertakt passen würde.

Gemäß dieses Unsicherheitsfaktors, welche Chiptakte denn nun entgültig erreicht werden, wie auch, welchen Speichertakt ATi dem R360-Chip mit auf den Weg geben wird, ist es aus jetziger Sicht natürlich auf keinen Fall zu klären, welcher Chip letztlich schneller sein wird. Man kann allerhöchstens sagen, daß nVidia einen theoretischen Vorteil hat, da der 130nm-Chip NV38 einfach besser für höhere Taktfrequenzen geeignet sein dürfte als der 150nm-Chip R360. Diesen theoretischen Vorteil muß nVidia allerdings auch erst einmal in die Praxis umsetzen - es kommt also maßgeblich auf die Ingenieurs-Teams beider Grafikchip-Entwickler an, und wie gut diese es schaffen, mit den angepeilten hohen Taktfrequenzen zurechtzukommen.

Fakt ist auch, daß mit ATi R360 und nVidia NV38 im Herbst eine neue Produktoffensive der beiden Grafik-Entwickler im HighEnd-Markt ansteht, ähnlich wie mit NV36 und RV360 im Mainstream-Markt. Was mit den bisherigen HighEnd-Karten Radeon 9800 Pro und GeForceFX 5900 Ultra passiert, ist dabei noch nicht klar, aber vermutlich werden sie mittelfristig vom Markt verschwinden. Wer letztlich aber diese beiden anstehenden Zweikämpfe im HighEnd- und Mainstream-Markt gewinnt - wir werden uns überraschen lassen müssen :-).


Abseits dessen bietet sich hiermit die Gelegenheit an, auf ein interessantes Phänomen hinweisen, welches nun immer offensichtlich wird: Beide Grafikchip-Entwickler "melken" ihre Architekturen immer stärker durch eine steigende Anzahl fast unveränderter, aber höher getakteter Refresh-Chips. nVidia´s NV38 wäre dann der zweite Refresh der originalen NV30-Architektur - gleiches gilt für ATi´s R360 bezüglich der originalen R300-Architektur. Die einzelnen Refreshes - auf nVidia-Seite NV35 und NV38 und auf ATi-Seite R350 und R360 - unterscheiden sich dabei gegenüber dem jeweiligen Original fast nur durch Fixes und minimalen Verbesserungen sowie vornehmlich deutlich höheren Taktfrequenzen (im Fall des Sprungs von NV30 auf NV35 in erster Linie durch ein verdoppeltes Speicherinterface, womöglich auch noch internen Änderungen an den Pipelines in Bezug auf eine bessere DirectX9-Performance).

Schaut man dagegen in die Vergangenheit zurück, so hat ATi bis auf die Radeon 7500 (Refresh der originalen Radeon) keine weiteren Refresh-Chips aufgelegt (Radeon 9000 bis 9200 sind nicht als Refresh zu betrachten, da allesamt langsamer als das Original Radeon 8500). Und nVidia hat zwar bisher immer Refresh-Chips herausgebracht, jedoch hatten diese zumeist deutliche Verbesserungen in der Architektur und nicht nur höhere Taktraten: Die GeForce2 (NV15) hatte 4 weitere Textureneinheiten gegenüber der GeForce1 (NV10), die GeForce4 Ti (NV25) immerhin einen verdoppelten Vertex Shader gegenüber der GeForce3 /Ti (NV20).

Daß mittels Refresh-Chips aber rein nur noch die Taktraten hochgetrieben werden und daß es gleich so viele pro Architektur sind, ist dagegen neu. Doch dies wird in Zukunft wohl eher die Regel werden, denn die Entwicklung neuer Architekturen verschlingt aufgrund der Kompexität heutiger Grafikchips, welche rein von der Transistoren-Anzahl her inzwischen deutlich größer als CPUs geworden sind, auch deutlich mehr Zeit. Zudem sind die Grafikchip-Entwickler den Spieleprogrammierern momentan sowieso ein paar Jährchen voraus und das superschnelle Entwicklungstempo der Grafikchip-Entwickler wird für ebendiese langsam zur Sackgasse, da Grafikchips, deren vorhandene Grafik-Effekte noch kein Spiel beherrscht, immer schlechter zu vermarkten sind.

Demzufolge kommt den Grafikchip-Entwicklern jene sich durch die Komplexität der Technik etwas abbremsende architekturelle Entwicklung eigentlich gerade recht. Um aber trotzdem ständig im Markt mit neuen Produkten präsent zu sein, werden ergo diese Refresh-Chips entwickelt, welche in der Architektur nur geringfügig verbessert sind, dafür aber mit mehr Takt die alten Produkte schnell verdrängen können. Hier kommt den Grafikchip-Entwicklern auch entgegen, daß durch die länger werdenden Zeiträume zwischen zwei neuen Architekturen die Fertigungstechnik sich inzwischen natürlich weiterentwickelt hat und somit mit demselben Grafikchip nur ein Jahr später generell immer höhere Taktraten möglich sind.

Früher haben die Grafikchip-Entwickler diese besser taktbaren Chips weiterhin auf ihre "alten" Grafikkarten mit den "alten" Standard-Takten geklebt und damit dem Käufer viel Platz zum Overclocking gelassen. Heute werden diese Produktionsfortschritte schlicht von den Herstellern selber ausgenutzt, indem man mehr oder weniger denselben Chip noch einmal mit einem höheren Takt auf den Markt bringt. So nutzen nicht mehr die Käufer, sondern die Hersteller nun selber die mit der Zeit immer größer werdenden Overclocking-Reserven der Grafikchips aus.

Damit nähert sich der Grafikchip-Markt immer mehr dem CPU-Markt an, wo schließlich direkt nach Taktfreqzenzen verkauft wird (und immerhin könnte man den NV38 durchaus auch als "NV35 mit 550 MHz" bezeichen). Dennoch wird es kaum dazu kommen, daß auch im Grafikchip-Markt direkt nach Taktfrequenzen verkauft wird, denn aus Marketing-Sicht ist es für die Hersteller sinnvoller, jedem Refresh-Chip einen neuen Namen zu geben und diesen auch als regelrecht neues Produkt in den Markt zu schicken. Unter der Haube wird sich aber in Zukunft verstärkt nichts anderes als "mehr Takt" verbergen.

So kann derzeit davon ausgegangen werden, daß die Grafikchip-Hersteller nur noch aller 1,5 bis 2 Jahre regelrecht neue Architekturen in den Markt schicken werden. Die Zwischenzeit wird dann vermehrt gefüllt werden mit vornehmlich nur noch höher getakteten Refresh-Chips, so daß nach wie vor aller ca. 6 Monate die beiden Grafikchip-Hersteller mit neuen Produkten in den Markt kommen werden.






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