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News des 28. Februar 2024

Zur Frage des Marktdrucks durch nVidia aufgrund seiner herausragenden Marktstellung bei KI-Beschleunigern kommt aus der entsprechenden Foren-Diskussion noch der Hinweis auf einen etwas zurückliegenden Artikel seitens SemiAnalysis. Danach konnte es sich nVidia im letzten Jahr herausnehmen, die Zuteilung von (größeren) H100-Lieferungen an die eigenen Abnehmer von gleichzeitigen Aufträgen an "L40S" HPC-Beschleunigern abhängig zu machen. Selbige basieren auf dem Consumer-Chip AD102 und sind damit für KI-Aufgaben nur (klar) zweitbeste Wahl – aber dennoch für andere Aufgaben nutzbar, nur natürlich nicht zwingend im Interesse des Abnehmers. Zugleich soll es bei nVidia generell so sein, dass man für die Zuteilung an höherwertigen Consumer-Chips (Gx102 bis Gx104) besser auch einfach mehr an kleineren Consumer-Chips (Gx106 & Gx107) kaufen sollte:

For those OEMs to win larger H100 allocation, Nvidia is pushing the L40S. Those OEMs face pressure to buy more L40S, and in turn receive better allocations of H100. This is the same game Nvidia played in PC space where laptop makers and AIB partners had to buy larger volumes of G106/G107 (mid-range and low-end GPUs) to get good allocations for the more scarce, higher margin G102/G104 (high-end and flagship GPUs).
Quelle:  SemiAnalysis am 10. Oktober 2023

Praktisch gesehen sind dies Auswüchse der überragenen Marktstellung nVidias – welche sich in einem Markt mit mehreren, nicht dominierenden Anbietern umgehend erledigen würden. Existiert hingegen einmal eine Marktsituation wie derzeit zu sehen, sind solcherart Auswüchse nahezu unmöglich zu bekämpfen – hierfür existieren wohl nie in irgendeiner Form Belege oder schriftliche Anweisungen. Zudem ist es in gewissem Sinne verständlich, wenn "gute Kunden" bevorzugt werden – man könnte sogar argumentieren, dass die Unternehmen hierzu sogar das Recht haben. Im B2B-Geschäft gibt es so etwas wie einen Verbraucherschutz und damit die Idee, dass jeder Kunde bedient und gleichwertig zu behandeln wäre, einfach nicht. nVidias Abnehmer wie Konkurrenten wissen das und richten sich auch darauf ein – bzw. würden, sobald sie in ähnlicher Marktposition sind, allerhöchstwahrscheinlich exakt genauso handeln.

Hardwareluxx berichten ausführlich über die Strategie bei der neuen "Intel Foundry" – Intels Fertigungs-Zweig, welcher groß wachsen und zudem dieses Jahr auch noch als eigene Firma ausgegründet werden soll. Interessant sind hier insbesondere jene Ausführungen, welche die echte Halbleiter-Unabhängigkeit von Asien nahelegen: So will Intel eine rein amerikanische Lieferkette etablieren, bei welcher alle Zulieferer in Nord- und Mittelamerika sitzen, während Intel die Chipfertigung und das Advanced Packaging in den USA vornimmt sowie Assembly & Test in Costa Rica (aussagekräftige Bilder hierzu bei Hardwareluxx). Speziell der Schritt des Advanced Packagings – besonders wichtig wegen Intels Tile-Ansatz seiner neueren Prozessoren – war bisher nicht Landes-intern gelöst, wird aber durch den Aufbau erheblicher Advanced-Packaging-Kapazitäten im Intel-Werk in Rio Rancho, New Mexico, gelöst werden.

Eine faktische zweite Lieferkette soll dann in Europa entstehen: Chipfertigung in Irland und Deutschland, Advanced Packaging noch ungeklärt, Assembly & Test in Polen. Auch hier dürfte Intel dann vorzugsweise mit lokalen Zulieferern zusammenarbeiten, damit die Lieferketten eine gewisse Unabhängigkeit erreichen und nicht alles durch gewisse Nadelöhr fließt. In der Summe sieht man hier die Lehren aus der Chip-Krise von anno 2021 berücksichtigt, als letztlich nicht nur die Wafer-Kapazitäten knapp waren, sondern auch in der Zulieferbranche aufgrund der Konzentration auf einzelne wichtige Hersteller nichts mehr zu machen war. Zugleich sieht man allerdings auch eine deutliche Nordamerika/Europa-Zentrierung seitens Intel – was auf den ersten Blick angesichts der Abstammung Intels verständlich ist, aber gleichzeitig auch als "Chipfertigungs-Unabhängigkeit von Asien" verstanden werden kann. Per se ist jene zur Stärkung der Lieferketten eigentlich zu begrüssen.

Doch über all solchen Ansätzen hängt immer auch ein wenig das Damoklesschwer, dass eine Unabhängigkeit der westlichen Welt vom taiwanesischen Halbleiterfertiger TSMC die Konfliktgefahr in der Taiwan-Frage massiv verschärfen könnte. Natürlich könnte die Politik auch beides anstreben: Stärkung der Halbleiter-Lieferketten und gleichzeitig Entschärfung geopolitischer Konflikte. In der gegenwärtigen Lage ist letzteres leider nur ein frommer Wunsch, so dass diese zusätzliche Gefahr durch die eigentlich positive Maßnahme der Stärkung der Halbleiter-Lieferketten wohl nicht ganz unrealistisch ist. Nichtsdestotrotz muß Intel diesen Weg natürlich gehen, aus gleich drei Gründen: Die Erfahrungen aus der Chip-Krise 2021, die Notwendigkeit einer faktisch nationalen Lieferkette (zugunsten von Militär-Aufträgen) und letztlich ganz profan die Etablierung von "Intel Foundry" als erstzunehmenden Anbieter von Halbleiterfertigung.

Laut VideoCardz hat die Radeon RX 7900 GRE noch einen Fehler im Übertaktungs-Modus: Maximal einstellbarer Takt sind derzeit 2803 MHz – was laut AMD nicht derart geplant sein soll und somit nachfolgend noch behoben wird. Damit könnte sich das sowieso schon ganz gute Übertaktungs-Ergebnis der Radeon RX 7900 GRE nochmals verbessern: Wegen des regulär vergleichsweise niedrigen Takts der Karte sowie des ziemlich scharfen Powerlimits ergeben sich bei Aufhebung dieser Limitationen für heutige Grafikkarten ungewöhnlich gutklassige Übertaktungsgewinne von bis zu +13% gegenüber dem Referenz-Zustand. Natürlich dürfte die Luft danach deutlich enger werden, aber ein paar kleinere Prozentpunkte mehr sind vielleicht drin – und würden die Radeon RX 7900 GRE somit zur Übertaktungs-freundlichsten Karte der letzten Zeit erheben können.

Seinen Ursprung hat die Entdeckung dieses Bugs im übrigen in einem Video seitens Hardware Unboxed, wo eigentlich der Performance-Unterschied zwischen einer auf Referenz-Takt laufenden Radeon RX 7900 GRE und einer hochgezüchteten Hersteller-Variante wie der Sapphire Nitro+ thematisiert wurde. Jener ist auch nicht besonders groß, allerdings können sich damit die Performance-Differenzen zur Radeon RX 7800 XT maßgeblich verschieben: Die auf Referenz-Takt laufende Radeon RX 7900 GRE legt gegenüber einer auf Referenz-Takt laufenden Radeon RX 7800 XT um +6% zu, die Sapphire Nitro+ dehnt dies dann auf immerhin +11% aus. Genau deswegen ist es wichtig, regulär mit Referenz-Karten zu testen (oder wenigstens die Nutzung werksübertakteter Modelle klar kundzutun). Demzufolge die mit Abstand wichtige Aussage im Video ist das Bekenntnis von Hardware Unboxed zur generellen Abbildung rein der Referenz-Performance:

... what we always do – and that is test GPUs at their base spec using reference or Founder Edition models, when possible, and when not possible, we manually clock them to the base spec or load a base spec BIOS.
Quelle:  Hardware Unboxed @ YouTube am 28. Februar 2024

Dies war auf Basis früherer Tests zu vermuten, wurde jedoch bislang nicht in dieser Klarheit ausgedrückt (könnte natürlich irgendwann bereits genannt worden sein, aber wer will sich schon hunderte Videos vollständig anhören, nur um diesen einen Satz zu finden). Besser wäre es somit, diese Aussage würde man in jedem einzelnen Video-Review klar treffen bzw. bei den textlichen Versionen der Hardware-Unboxed-Tests auf 'TechSpot' entsprechend aufschreiben. Eine ähnliche Herangehensweise ist derzeit von ComputerBase und PC Games Hardware sicher bekannt, augenscheinlich ähnlich vorgegangen wird von TechPowerUp sowie der Quasarzone. Ohne Umtaktung, dafür aber primär mit Referenz-Modellen (oder im Notfall nur wenig davon abweichenden Versionen) testen hingegen KitGuru & Tweakers. Von vielen anderen Hardwaretestern ist hingegen nach wie vor nicht genau bekannt, was da getestet wird – Referenzmodell, simuliertes Referenzmodell oder Werksübertaktung.